Fahr bunt - ein Gedicht zur aktuellen Bahnlage - Fahr bunt...

Verfasser: Thomas Hauß

01.06.2002


Früher hieß es Eisenbahn
und kam auch meistens pünktlich an.
Heute aber, ach und weh -
nennt es sich die Bahn AG.

Jedes Signal und jede Weiche
teilt man in Geschäftsbereiche,
auch der Kollege - das fällt schwer -
ist jetzt kein Kollege mehr.
Sitzt er dir auch gegenüber
schaut hin und wieder ´rüber,
grüßt dich auch noch jeden Morgen,
hat aber jetzt ganz andere Sorgen .
Wenn du seinen Kuli mal benutzt,
dann schreit er plötzlich ganz verdutzt:
"Nimm die Finger schnell davon,
ich bin Netz und du Traktion!"

Auch bei Zügen weiß keiner mehr:
gehört der dem Nah- oder Fernverkehr?
Eines weißt du ganz genau:
Ein Interregio der ist blau.
Doch bei allen anderen Wagen
kann das keiner sicher sagen.
Ein Doppelstock so ganz in grün,
wäre herrlich anzuseh´n,
doch ganz vorn kommt der Schock
mit ´ner himmelblauen Lok!
Nebenan steht im Gleis,
ein ICE in hellem Weiß,
der wird schärfstens dort bewacht,
damit ihn keiner rötlich macht!
Denn rötlich ist nur ein Intercity,
es sei denn, er ist voll Graffiti.
Das hast du dir wohl so gedacht,
geh´ mal rüber auf Gleis acht,
denn da hängt hinter gelber Lok
ein neuer roter Doppelstock!

Damit sie keiner mehr beschmiert
und eigenmächtig umlackiert,
packt man die Wagen jetzt ganz fein
in bunte Plastikfolie ein.
Paar Wochen später kommt ein Schreiben,
die Folie kann nicht länger bleiben,
sie ist augenblicklich abzuziehen,
um die Wagen umzusprüh´n.
Am nächsten Tag kommt dann ein Sprüher
und macht ihn Silber so wie früher.
Doch wie er wird, das ist doch Schnuppe,
meinetwegen lila mit gelber Duppe
oder schwarz-weiß längsgestreift
oder mit goldenem Rand bereift,
solange man noch sagen kann,
der Zugpark, der kommt pünktlich an.
Denn darauf legt die Kundschaft wert
die mit unseren Zügen fährt.

Und wenn es dann noch sauber ist
der Kunde sicher schnell vergisst,
war der Zug jetzt außen mint oder pink,
Hauptsache, pünktlich war das Ding!
Doch weiter fleißig umlackiert
und die Wagen mit Farbe beschmiert.
Was das kostet, ist scheiß-egal
es steht noch Farbe im Regal.
Wenn´s Kleingeld fehlt für diese Sachen,
muss man sich Gedanken machen
um das Geld in den nächsten Jahren
an anderer Stelle einzusparen.
Da wird dann einfach unverdrossen,
je eine Toilette abgeschlossen,
denn auf die kann man verzichten,
kann sein Geschäft zu Haus verrichten
oder man geht in den Wald,
beim nächsten planmäßigen Bahnhofshalt...

Es kann natürlich sein - 
das fällt mir jetzt ganz plötzlich ein:
dass man, wenn man sein Brot gekaut,
In bunten Zügen nicht so schnell verdaut.
Dann braucht man nur noch ein Klo im Zug
das wäre dann ja wohl genug,
und man könnte dann von dem Bargeldhaufen
neue schöne Farben kaufen.

Und die Moral von der Geschicht´:
meckere über unsere Führung nicht!
Denn, es ist alles gut durchdacht,
was man in der Zentrale macht.