Der moderne Erlkönig

Verfasser Unbekannt

09.12.2001

 

Wer rollt so gemütlich mit Rückenwind,

den Schnellzug am Hacken, die Frontscheibe blind,

es ist der D 0815, mit Diesel bespannt,

ist drei Stunden später, doch er fährt noch durchs Land.

 

Es ist fast ein Wunder, den von den Motoren

hat einer beim Anfahren zwei Pleuel schon verloren.

Der andere hat Wasser und arbeitet hydraulisch,

doch im Großen und Ganzen, die Fahrt ist erbaulich.

 

Das Strömungsgetriebe, das poltert und kracht,

der Steuerölwächter hat sich auf und davon gemacht.

Den Ölstand kann man mit Müh noch erkennen,

und auch ein Magnetventil bekommt schon das Rennen.

 

Zwei Leistungsschutzschalter, die fielen schon raus,

auch der Kraftstoff ist bald aus.

Am hinteren Schaltschrank, da brennen die Lampen,

und selbst die Spannung fängt an zu schwanken.

 

Mein Beimann, was birgst du so bang dein Gesicht?

Siehst du Meister die Rauchfahne nicht?

Da ist bestimmt eine Leitung gerissen,

warum wir noch fahren, das möchte ich wissen!

 

Die Drehzahl sink, der Öldruck wird kleiner,

von den Scheibenwischern geht nur noch einer,

aus dem Lager pfeift es wie aus einem Vogelnest,

am hinteren Drehgestell ist die Bremse fest.

 

Sie erreichen das Endziel mit Müh und Not,

starten können sie nicht mehr, die Batterie ist tot,

und doch sind sie glücklich, es war ihr letzter Kampf,

ab morgen fahren sie beide, laut Dienstplan mit *Dampf*.